Baustoffkrise: Sinkende Verfügbarkeit, steigende Preise
Wirtschaftliche Schwankungen, politische Entscheidungen, Umweltauflagen – viele Faktoren für die Baukrise gehen Hand in Hand. Eine maßgebliche Ursache für die noch immer anhaltende, unbequeme Situation ist aber auch der Rohstoffmangel. Er legt nicht nur ganze Baustellen lahm, sondern führt auch zu Preissteigerungen. Umso wichtiger ist es, dem Thema "Baustoffkrise" auf den Grund zu gehen.
Wenn ein Großbauprojekt zusätzlich zu den sowieso schon enormen Herausforderungen auch um die nötigen Ressourcen zu kämpfen hat, dann liegt ein Wort unmittelbar im Raum: Rohstoffmangel. Aber selbst wenn Baustellen nicht vollkommen brach liegen, dann steigen die Kosten durch die geringe Verfügbarkeit der Rohstoffe teilweise immens. Davon sind essentiell wichtige Materialien wie Stahl, Holz, Beton und Kunststoffe betroffen. Das Angebot bestimmt eben die Nachfrage. In diesem Artikel nennen wir dir fünf ursächliche Faktoren, die für die Baustoffkrise verantwortlich sein können. Dabei ist natürlich zu beachten, dass diese Faktoren je nach Situation unterschiedlich gewichtet werden müssen.
1. Baustoffkrise durch globale Lieferkettenprobleme
Die COVID-19-Pandemie hat erhebliche Störungen in den globalen Lieferketten verursacht, die bis heute nachwirken. Aber es gibt noch weitere Faktoren, die auch 2024 für Transportverzögerungen von Baumaterialien verantwortlich sind. Darunter fallen Grenzschließungen, Quarantänevorschriften und militärische Konflikte. Auch Probleme in der Logistikkette führen heutzutage zu Verzögerungen, zum Beispiel durch Mangel an Transportkapazitäten (Container, Schiffe, Lkw), Hafenüberlastungen und Mangel an Arbeitskräften in Schlüsselpositionen (Fahrer, Hafenarbeiter).
Gut zu wissen: Der Mangel an LKW-Fahrern und Transportkapazitäten ist ein weltweites Problem. In den USA schätzt bspw. die American Trucking Associations (ATA), dass bis 2022 ein Mangel von über 80.000 LKW-Fahrern bestand, was die Fähigkeit, Waren effizient zu transportieren, einschränkt.
2. Baustoffkrise durch steigende Nachfrage
Die Weltbevölkerung wird laut den Vereinten Nationen von 7,7 Milliarden im Jahr 2019 auf etwa 9,7 Milliarden im Jahr 2050 ansteigen. Das treibt auch die Nachfrage auf Wohn- und Gewerbeimmobilien sowie Infrastrukturprojekte voran. Das lässt sich anhand von Hochschätzungen belegen. Die Urbanisierungsrate steigt weltweit an. Die Prognosen lauten, dass bis 2050 etwa 68% der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten leben werden, verglichen mit 55% im Jahr 2018. Die Urbanisierung erfordert folglich den Bau von Wohnungen, Bürogebäuden, Verkehrssystemen und öffentlichen Einrichtungen, was wiederum die Nachfrage nach Baustoffen erhöht. Das lässt auch die Preise steigen, insbesondere wenn die Produktionskapazitäten nicht schnell genug ausgebaut werden können.
Gut zu wissen: Die Preise für Baustoffe sind inzwischen ein Geschäftsrisiko. In einer Umfrage des DIHK zum Jahresbeginn 2023 gaben 79 % der Bauunternehmen an, dass der Faktor Baustoff ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens darstellt. 2021 waren es noch 35 %.
3. Baustoffkrise durch Handelspolitik und Zölle
Handelskonflikte und die Einführung von Zöllen auf Baustoffe wie Stahl und Aluminium können die Kosten für diese Materialien erheblich erhöhen. Zölle erschweren den freien Handel und führen oft zu direkten Preiserhöhungen, die von den Bauunternehmen getragen werden müssen.
Darüber hinaus führen Handelsmaßnahmen wie Zölle oft zu Gegenzöllen von betroffenen Ländern, was die Komplexität der internationalen Handelsbeziehungen erhöht und zu einer weiteren Destabilisierung der globalen Lieferketten führt. Die Umleitung von Handelsströmen bedeutet, dass Länder und Unternehmen neue Lieferanten suchen müssen, was zu Unsicherheiten, längeren Lieferzeiten und potenziell niedrigerer Materialqualität führen kann. Diese Unsicherheiten können Projektpläne verzögern und zu ineffizienten Bauprozessen führen.
Gut zu wissen: Die Einführung von Zöllen auf Stahl und Aluminium durch die USA im Jahr 2018 führte zu Preiserhöhungen für diese Materialien sowohl in den USA als auch global, da Handelsströme umgeleitet wurden. Die Zölle betrugen 25% auf Stahl und 10% auf Aluminium, was die Kosten für Bauunternehmen, die diese Materialien verwenden, erhöhte.
4. Ressourcenknappheit und Umweltauflagen
Natürliche Ressourcen, die für die Herstellung von Baumaterialien benötigt werden, sind endlich. Strengere Umweltauflagen und der Schutz natürlicher Ressourcen können die Verfügbarkeit bestimmter Materialien einschränken und deren Preise in die Höhe treiben.
Gut zu wissen: Die Preise für Holz erlebten beispielsweise im Jahr 2021 einen historischen Anstieg, wobei die Preise je nach Holz um mehr als 300% über die vorpandemischen Niveaus hinausschossen. Dies wurde nicht nur durch Engpässe bei der Lieferung verstärkt, sondern auch durch eine steigende Nachfrage im selben Zeitraum. Auch Umweltauflagen und nachhaltigkeitsorientierte Praktiken trieben die Preissteigerung weiter voran.
Im Jahr 2023 erlebten die Holzpreise glücklicherweise eine signifikante Änderung im Vergleich zum historischen Anstieg im Jahr 2021. Bis Oktober 2023 sanken die Preise für Holz gegenüber dem Oktober 2022 um rund 18 Prozent. Dieser Rückgang zeigt eine Abkühlung der zuvor überhitzten Märkte und kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden, darunter Anpassungen in der Lieferkette, eine Normalisierung der Nachfrage nach dem pandemiebedingten Boom und möglicherweise auch Effekte von umweltpolitischen Maßnahmen und nachhaltigen Praktiken, die zu einer effizienteren Nutzung und Beschaffung von Holz führen.
Marvin Ronn, CEO TOPEOPLE GROUP, und Lorenz Nagel über Baukrise, Holzbau und Karriere
5. Energiekosten
Die Produktion von Baumaterialien erfordert einen hohen Energiebedarf. Steigende Energiepreise, bedingt durch Marktschwankungen, politische Entscheidungen oder den Übergang zu erneuerbaren Energiequellen, können die Herstellungskosten von Materialien wie Stahl, Zement und Glas erhöhen. Diese Kosten werden letztendlich auf die Preise der Baumaterialien umgelegt.
Gut zu wissen: Bei der Herstellung von Baumaterialien wie Zement und Stahl schwanken die Energiepreise stark, da sie durch geopolitische Ereignisse, die Umstellung auf erneuerbare Energien und Marktdynamiken beeinflusst werden. So können auch steigende Ölpreise die Kosten für die Produktion und den Transport dieser Baumaterialien erhöhen.
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Fazit
Die Baubranche sieht sich mit den höchsten Lieferengpässen seit 1991 konfrontiert. Im April 2022 gaben mehr als die Hälfte der Hochbau-Betriebe an, von Lieferengpässen betroffen zu sein, im Tiefbau waren es knapp 50 Prozent. Trotz der Probleme gibt es noch immer eine gute Auftragslage und eine hohe Nachfrage nach Bauprojekten. Dies liegt zum Beispiel daran, dass in vielen Teilen Deutschlands, insbesondere in Großstädten und Ballungszentren, eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum besteht. Hinzu kommt, dass die deutsche Regierung und die Europäische Union verschiedene Förderprogramme anbieten, um den Bau von energieeffizienten Wohnungen, Infrastrukturprojekten und erneuerbaren Energieprojekten zu unterstützen. Diese Programme können Bauvorhaben auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ankurbeln.
Quellen:
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